07Zagi! Der Name des putzigen Stoff-Eichhörnchens mit dem Regenbogenschwanz und der schwarzen Melone ist mir sofort wieder eingefallen. Ich habe es geliebt! Vor kurzem habe ich Zagi beim Ausmisten wieder gefunden. Er ist das Maskottchen der Sommer-Universiade 1987, die in der kroatischen Hauptstadt Zagreb ausgetragen wurde. In diesem Jahr feiert Zagi seinen 30. Geburtstag. Zeit für einen Rückblick!
Seinem kecken Lächeln konnte sich vermutlich kaum jemand entziehen: Zagi, das niedliche hellblaue Eichhörnchen prangte 1987 auf allen T-Shirts, Tassen und Aschenbechern.
Ich bekam Zagi als weiße Filz-Variante geschenkt und räumte ihm lange einen Ehrenplatz in meinem Regal ein. Auch, als Kroatien längst schon ein eigenes Länderkürzel hatte, staubte Zagi, mit seinem „Y“ für „Yugoslavia“ auf der Brust, in meinem Jugendregal vor sich hin.
Leser wählten das Maskottchen
Als Maskottchen hatten es die Leser der in Zagreb erscheinenden Tageszeitung „Večernji list“ gewählt. Dabei konnte sich das Eichhörnchen gegen einen Raben, einen Bären und andere heimische Waldtiere durchsetzen. Mit der Umsetzung von Zagi wurde Nedeljko Dragić, Jahrgang 1936, beauftragt. Er gilt als einer der kreativsten Köpfe der berühmten Zagreber Zeichentrickschule.
So gut ich mich an Zagi erinnern konnte, so wenig ist mir die Sommer- Universiade in Erinnerung geblieben. Die Ljetna Univerzijada fand im Juli 1987 in Zagreb statt, das stand fest – doch was war damals in Zagreb eigentlich los? Höchste Zeit, das Orakel Google zu befragen!
Tausende von Studenten treffen sich alle zwei Jahre
Wikipedia kennt freilich die Universiade, die Weltspiele der Studenten. Diese finden alle zwei Jahre statt, immer in einer anderen Stadt, rund um den Globus. Im Sommer 2017 war Taipeh an der Reihe.
Die Zahlen für Zagreb sind beeindruckend: Fast 6.500 Studenten aus 122 Ländern reisten damals an, um gegeneinander anzutreten. Die Jungs in zwölf, die Mädchen in nur zehn Disziplinen, denn Wasser- und Fußball galten als reine Männerdomänen. Die Wettbewerbe wurden in 77 Sportobjekten in Zagreb und Umgebung ausgetragen – die im Vorfeld neu gebaut oder renoviert worden waren.
Bis heute sind die Zagreber stolz auf Ihre Univerzijada
Ja, für die kroatische Hauptstadt war die Universiade ein großes Ereignis – vor allem im Hinblick auf die Infrastruktur: Viele Zagreber erinnern sich noch heute stolz an die Universiade, etwa beim Anblick der Studentenwohnheime „Stjepan Radić”, die unter Studenten nur „Sava“ genannt werden, da der Fluss gleich dahinter fließt. Auch der Schwimmbadkomplex Mladost (“Jugend”) gegenüber ist ein Relikt der Universiade von 1987.
Unweit davon erstreckt sich der Jarun, ein See südwestlich der Innenstadt, der damals mit einer zwei Kilometer langen Regattastrecke für Ruderer ausgestattet wurde. Der Jarun gilt seit dieser Zeit als das „Zagreber Meer“ (Zagrebačko more), mit Discos, Cafés und Flaniermeile zum Inlineskaten oder Bummeln. Ein ganzes Stadtviertel entstand damals in der Nähe des Jarun, die Quadratmeterpreise zählen bis heute nicht gerade zu den günstigsten Ecken der Stadt.
Nicht zu vergessen ist die nach dem berühmtesten kroatischen Basketballspieler aller Zeiten, Dražen Petrović, benannte Basketballhalle in der Savska ulica. Bei der Sommer-Universiade 1987 hieß sie noch Cibona, benannt nach dem berühmten Zagreber Basketballverein. Sechs Jahre später, wurde die Halle zu Ehren von Dražen Petrović umbenannt, nachdem dieser bei einem Autounfall ums Leben gekommen war.
Doch das war nicht alles: Für die Restaurierung von Fassaden im Zentrum von Zagreb stellte die Regierung stolze 1,5 Milliarden Dinar bereit! Das veranlasste die Redaktion von „Danas“, den Bau-Boom in Zagreb als eine „Renaissance der Infrastruktur“ zu betiteln.
Auch die Kulturszene profitierte von der Universiade
Das Kunstmuseum Muzej Mimara in Zagreb wurde ebenfalls pünktlich zur Universiade im Juli 1987 eingeweiht und ist bis heute ein Publikumsmagnet – mit Werken von Rubens, Renoir, Van Dyck, Rembrandt und anderen Künstlern.
Überhaupt war die Universiade 1987 auch ein kulturelles Event: Das Tanz-, Performance- und Theaterfestival EUROKAZ fand damals erstmals statt. Heute gilt das Event der modernen Ausdrucksformen fester Bestandteil der kroatischen Kulturszene.
Bau-Boom trotz Wirtschaftskrise
Die Universiade habe dem kleinen Mann geholfen, die Realität für einige Tage zu vergessen, schrieb „Danas“ weiter. Dazu gehörte auch die Hyperinflation, in die Jugoslawien seit Beginn der 1980er Jahre unaufhaltbar hineingaloppierte: Die Löhne der Arbeiter wurden eingefroren, die Inflation erreichte dreistellige Ziffern, 20.000-Dinar-Scheine wurden gedruckt.
In solch einer unbeständigen Zeit war die Universiade ein echter Glücksfall für Zagreb: In die Stadt flossen nun endlich auch viele Mittel aus dem gesamtjugoslawischen Topf, die in konkrete Bauprojekte investiert wurden.
Zagreb und das Umland hätten von der Universiade eigentlich nur profitiert. Angesichts der angespannten Umstände hätte sich solch eine rege Bauaktivität normalerweise über mehrere Jahrzehnte gezogen, schreibt der Autor Jasenko Zekić 2007 in einem wissenschaftlichen Artikel.
Unentschieden: Gleich viele Medaillen für die DDR und BRD
Am Ende der Universiade 1987 verzeichnete Jugoslawien stolze 19 Medaillen und sicherte sich den sechsten Rang in der Gesamtwertung. Die DDR und die BRD kamen jeweils auf 13 Medaillen, während die USA (70 Medaillen) und die UdSSR (78 Medaillen) die übrigen Teilnehmerländer deutlich abhängten.
Und Zagi? Das pfiffige Eichhörnchen lebt weiter, mit einer kroatischsprachigen Wikipedia-Internetseite – und in meiner Erinnerungskiste.
Habt Ihr auch noch einen Zagi zu Hause? Dann schickt mir doch Eure besten Zagi-Fotos!
Quellen:
https://hr.wikipedia.org/wiki/Ljetna_univerzijada_1987.
https://hr.wikipedia.org/wiki/Zagi
https://hr.wikipedia.org/wiki/Studentsko_naselje_Stjepan_Radić
Jasenko Zekic: „Univerzijada 87 – drugi ilirski preporod“ (God. 39, br. 2, 299-318, 2007), URL: hrcak.srce.hr/file/2964