03Hochprozentiger Schnaps brennt in der Kehle, daher mag ich ihn eigentlich nicht besonders. Dennoch habe ich immer eine Flasche Travarica zu Hause im Regal: Dieses Allheilmittel hilft bei Magenverstimmung, gegen kalte Füße und wenn sich eine Erkältung anbahnt. Eine Bekannte nutzt das Getränk sogar als Fensterputzmittel – und schwört darauf.

Ein grünlicher Klarer, mit dekorativen Wildkräutern in der Flasche – das ist euch bestimmt auch schon einmal auf einem kroatischen Grünmarkt oder im Souvenirgeschäft aufgefallen. Genau das ist die viel gepriesene Travarica, ein hochprozentiger Schnaps, der mit verschiedenen Wildkräutern angesetzt wurde (kroat. Pl. trave = Kräuter).

Travarica lockert sogar Verspannungen​

Die Travarica ist aber nicht nur ein Schnaps, sondern eine Art „Allheilmittel“. Meine Tante hat immer einen kleinen Flachmann in der Handtasche, wenn sie ans Meer fährt und die serpentinenreiche Strecke durch die Berglandschaft Gorski kotar nicht verträgt – natürlich auf dem Beifahrersitz. Die Oma einer Freundin stellt jedes Jahr literweise Travarica her, den sie im kühlen Keller lagert und immer mal wieder probiert, ob er nun endlich so schmeckt, wie er sollte. Natürlich immer nur löffelweise, denn der Travarica hat ganz schön viele Umdrehungen und ist eher Medizin als Genussmittel. Wem Travarica nicht schmeckt, kann sich einfach den Rücken bei Verspannungen damit einreiben!

Eigentlich kann man nichts falsch machen​

Das Gute daran ist, dass es keine falsche oder richtige Herstellung gibt. Diese ist vielmehr sogar sehr einfach. Das Einzige, das man für eine Flasche Travarica braucht, sind Wildkräuter – idealerweise frisch gepflückt, aber es geht auch mit getrockneten Kräuterzweigen. Wer den Aufwand scheut, kann natürlich destillierten Kräuterschnaps im Supermarkt kaufen, dessen Geschmack man jedoch nicht selbst beeinflussen kann.

Die Grundlage muss stimmen​

Zunächst solltet Ihr euch eine Flasche Lozovaća, kurz: Loza, besorgen. Das ist der in Kroatien weit verbreitete Grappa, also Traubenbrand, der recht neutral schmeckt. Fragt einfach Euren Vermieter in der Ferienwohnung, auf dem Markt oder notfalls im Supermarkt nach.

Einmal quer durch den Kräutergarten​

Je nach Heilwirkung oder Saison könnt Ihr verschiedene Kräuterzweige verwenden: Salbei (kadulja; in Kroatien gibt es etwa 15 verschiedene Arten!) regt die Verdauung an und stärkt den Magen, Minze (menta) oder Wermut (pelin) beruhigen den Magen ebenfalls, während den ätherischen Ölen von Thymian (majčina dušica) entzündungshemmende Wirkung nachgesagt wird.

Natürlich passen auch Zitronenblätter (listovi limuna), Lorbeer (lovor), Origano (origano), Majoran (mažuran), wilder Fenchel (divlji komorač) und andere Kräuter hinein – je nach Geschmack und je nachdem, was gerade zur Hand ist.

Hier ist das Rezept einer Marktfrau, an deren Stand der ich meine letzte Flasche Travarica gekauft habe. Dieser ist übrigens mit wildem Fenchel versetzt, wie ihr auf dem Foto erkennen könnt, und hat dadurch einen intensiven Anisgeschmack und eine grünliche Farbe:

REZEPT FÜR TRAVARICA​

Zutaten:

– 1 Flasche Lozovaća (Grappa, Traubenbrand, 38% Vol.)

– Nach Belieben: Mediterrane Kräuter und Wildkräuter (z.B. Origano, Lavendel, Minze, Wachholder, Rosmarin).

Zubereitung:

Den Schnaps in eine große Karaffe mit Deckel einfüllen und die Kräuterzweige hinzufügen. Das Ganze sollte etwa einen Monat lang verschlossen an einem kühlen und dunklen Ort gelagert werden, etwa in einem Natursteinkeller. Zwischendurch müsst Ihr die Travarica immer wieder probieren: Ist eine Kräuterart sehr dominant, könnt Ihr diese auch vorzeitig herausnehmen. Das Ganze wird schließlich, mitsamt dekorativer Kräuterstängel, in durchsichtige Flaschen umgefüllt.

Traditionell kommt die Travarica in Kroatien vor oder nach dem Essen auf den Tisch. Getrunken wird sie aus kleinen Schnapsgläsern, natürlich mäßig – denn sie gilt schließlich als eine Art „Allheilmittel“ für Magen, Rücken, Fenster und Co.

Živjeli! Prost!

Author

Veronika Wengert ist freiberufliche Journalistin, Reisebuchautorin und Übersetzerin für mehrere slawische Sprachen. Ihre kroatischen Wurzeln haben sie insgesamt elf Jahre nach Moskau und Zagreb geführt. Sie ist immer noch regelmäßig in Kroatien, Slowenien und anderswo vor Ort - um dort zu recherchieren, wo andere gerne Urlaub machen.

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